Beiträge mit dem Stichwort: ‘Mark Scheibe̵
Rotkäppchen Halbtrocken
Sonntagabend. Annabella (Name von der Red. geändert) hat mich zu einem Privatabendessen eingeladen. Am S-Bahnhof Neukölln torkelt mir eine Kleingruppe verkleideter Männer entgegen. Einer duscht unter seinem 5-Liter-Bierfass beim Versuch, daraus zu trinken. Ich weiche dem übelriechenden Mob aus, stolpere und mir fällt der Mitbring-Champagner aus der Hand. Er zerschellt auf geschichtsträchtigen Fliesen. Ich habe…
WeiterlesenBuddha und die Insekten
Im selbstgewählten Bremer Komponierkerker lebe ich seit fast vier Wochen im Exil, um einen großen Kompositionsauftrag fertigzustellen. Im Souterrain eines Altbaus mit Blick in den Garten. Ein Eichhörnchen springt durch die nackten Bäume und holt sich Nüsse, die ich vor die Tür lege. Manchmal kommt auch eine Krähe und schnappt sie sich. In der Musik…
WeiterlesenDie Eisenbahn, Realität und dreiste Lügen
Immer wieder fall ich auf die Bahn rein: in meiner Phantasie betrete ich nicht den schnöden ICE mit der defekten Klimaanlage, sondern mindestens den Orient-Express. In meinen Kindheitserinnerungen sind Bahnhöfe romantische Orte, an denen Reisende in Reisekleidung ihr Gepäck aufgeben, bevor sie zum Gleis schlendern. Das gab es wirklich: man brachte seinen Koffer zu einem…
WeiterlesenDer Trip als Taufe
Jetzt weiß ich, woran mich das Gemälde im Frühstücksraum des Hotel Art Nouveau erinnert! Als ich 25 Jahre alt war, nahm ich mit meinem Freund K. LSD – K. hatte das schon häufiger gemacht und versicherte mir seine verantwortungsvolle Rauschbegleitung. Was dann passierte, ist kaum zu beschreiben, es war, als spielten Raum und Zeit nur noch…
WeiterlesenSchimpfpflicht und Lockdownlaune
Ich bin leicht übers Ohr zu hauen. Das weiß der Hütchenspieler, der mich am Alexanderplatz um einen grünen Schein erleichtert hat. Das sympathische Duo, das mir mal aus dem Lieferwagen zwei Paar wertloser Luxuslautsprecherboxen zum Schnäppchenpreis von 2000 Euro „verkauft“ hat. Ich hab den beiden Halunken noch eine Schallplatte von mir geschenkt, weil ich sie…
WeiterlesenZu spät beim Frühstück
Heute kam ich zu spät ans Frühstücksbuffet. Ich bin immer zu spät. Ich bin eben Künstler. Das Klischee will es so, und ich bin zu schwach, um mich dagegen aufzulehnen, schließlich ist das Künstlerleben eine verlängerte Kindheit. Ich komme zu spät zu Verabredungen, habe es auch mit über 50 noch nicht gelernt, pünktlich zu sein.…
WeiterlesenKu’damm-Kollisionen & Novembernächte
Ob es daran liegt, dass ich gerade einen Stummfilm vertone? Kürzlich krachte ein matter SUV auf das empfindliche Heck meines Carsharingautos. Bevor ich mich vom Schock der Kollision erholte, war der geheimnisvolle Unfallgegner nämlich ohne Worte verschwunden. Ich war zu arrogant, um mir das Nummernschild einzuprägen und saß fassungslos in der Leibnizstraße, die Limousine lädiert.…
WeiterlesenNeukölln ist anders als Charlottenburg!
Romantische Nacht in Neukölln: wohlklingend murmelt Billie Holiday vom Plattenspieler unter die Haut gehende Zärtlichkeiten, die Kerzen werfen ihr tänzelndes Licht durch die rotgefärbten Champagnerschalen. Die Wärme der Ofenheizung macht den Spätoktober tropisch. Man wird allerdings immer wieder abgelenkt: Autofahrer von sportlicher Gesinnung brettern mit 100 km/h übers Kopfsteinpflaster, halten mit beeindruckend klingendem Reifenabrieb in…
WeiterlesenStatussymbol Tageszeitung
Die Sonntagszeitung von der F.A.Z. gefällt mir! Früher behaupteten die Werbestrategen des Blatts mit der Fraktur im Titel, dass sich hinter einer Frankfurter Allgemeinen immer jemand besonders Schlaues verbirgt. Diese Unterstellung streichelt gekonnt mein Ego: als Nichtabiturient und Hochschulvermeider bin ich den offiziellen Beweis schuldig geblieben, irgendetwas zu können. Seit heute hält mich die F.A.Z.…
WeiterlesenPianist in der Hotelbar / Perlen fürs Prestige
Ich gleite über lichtdurchflutete Gänge auf dem Weg zu meinem Arbeitsplatz. Die Absätze von aufregenden Damen, die in Grandezza baden, trommeln kleine Märsche auf den Marmor und laden meine Libido auf. Über mir ein Kronleuchter, der auch Marlene Dietrich gefallen hätte. Ich lasse meine Finger auf dem Flügel parlieren und nehme die Seelenschwingungen der geschmackvollen Menschen auf,…
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