Beiträge mit dem Stichwort: ‘Leben im Hotel̵

Die Finsternis des Fremdgefühls

Im Wiener Caffeehaus in Berlin-Grunewald. Neben mir sitzen zwei gebräunte Herren, etwa 60-jährig. Sie würden auf einer Trigema-Betriebsfeier mit Wolfgang Grupp nicht fremd wirken. Einem steht in dunkelblauer Stickung „Boss“ auf dem hellblauen Polohemd geschrieben. Das drückt nicht nur eine klare modische Entscheidungsfantasie aus, sondern ist vermutlich auch die textile Niederschrift des eigenen Statusempfindens.  Die…

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Über Niveau / mein erster Witz

Vorgestern ist meine neue Platte erschienen. Ich sage lässig „Platte“, weil es sie auch in Gestalt einer LP gibt, die man schön ausklappen kann. Es gibt eine Innenhülle, auf der die Texte stehen, so wie früher. Die Entwicklung, Aufnahme und Produktion des Albums hat zwei Jahre gedauert und ein Vermögen gekostet. Zum Glück haben Freundinnen…

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Gebrandmakelt

Die Esoteriker hatten recht: alles ist Energie, Energie ist alles. Schlechte Zeiten für Verschwender. Vor ein paar Jahren dichtete ich in einem Song: „Kluge Leute sagen, es sei die Qualität, nicht die Quantität, um die es wirklich geht. Was soll dann einer wie ich machen, der nun mal auf beides steht?“ – inzwischen besitze ich…

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Übers Zögern

Es gibt einen legendären Sesamstraßensketch mit Ernie & Bert: Ernie will baden, Bert ist wie immer genervt, weil er weiß, dass jede Aktion Ernies ihn seine Ruhe kostet. Denn Ernie geht nicht einfach normal in die Badewanne, er nimmt außer seinem Quietscheentchen auch eine Taschenlampe mit, einen Regenschirm und einen Ball. Das macht Bert fertig.…

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Vetternwirtschaft und Bisse

Dem Cousinentum haftet Vielsagendes an: vor hundert Jahren konnte man mit der Cousinenbehauptung ein Hotelzimmer bekommen, um einer illegitimen Romanze Raum zu schenken. Wirte drückten dabei ein Auge zu und sahen es nicht so eng mit dem Kuppeleiverbot unter Nichtverheirateten. Verboten ist die Liebe zwischen Menschen, die sich die Großeltern teilen, nämlich nicht.  Geschwister sollten…

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Lonely Media

Als ich volljährig war, wollte ich mit aller Gewalt das Leben meines Vaters nachgestalten. Ein Jahr zuvor, als ich 17 war, hatte er sich aus dem Diesseits verabschiedet. Nach einem Lebenslauf, gegen den eine Achterbahnfahrt mit fünf Loopings ein Spaziergang ist, mit nicht einmal 40 Jahren. Vieles, was ich heute tue, kommt von ihm: mein…

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Mephistos for future

Im Spielcasino Bremen konnte man früher an der Rezeption eine Krawatte leihen. Ohne Schlips kein „Rien ne va plus“. Bei der Bundeswehr war Kurzhaarschnitt Befehl, das hatte etwas mit Männlichkeit zu tun.  Als ich ein kleiner Junge war, konnten Männer mit langen Haaren noch richtig Ärger bekommen. Als Schüler musste ich mal mit dem Musik-Kurs…

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Toxic happiness

Fragt mich jemand nach meinem Befinden, antworte ich meist: „blendend“. Tatsächlich wird mir im Augenblick dieser Frage immer klar, wie gut es mir geht. Keine Bomben, die mir aufs Dach fallen. Wenn ich wollte, könnte ich mit einem Transparent auf die Straße gehen, auf dem steht, dass unser Bundeskanzler ein korrupter Satanist wäre. Außerdem betrachte…

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Ein rotes Horn

Eigentlich sollte das eine Kolumne sein, an deren Ende eine überraschende Erkenntnis prangt. Eine geniale Logik, die ich aus dem geheimnisvollen Raum zwischen den Zeilen heben würde. Mit sprachlicher Eleganz, ganz lässig.  Allerdings habe ich heute Nacht turbulent geträumt: Ich treffe meinen Vater im Restaurant eines Grandhotels. Dort führt eine größere Gruppe ein ernstes Gespräch…

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Übers Scheitern

Ich habe vor ein paar Tagen an einem großen Benefizkonzert für die Menschen in der Ukraine teilgenommen. Gemeinsam mit Chor, Orchester und freien Ensembles haben wir statt Eintritt fast 25.000 Euro Spenden einsammeln können. Die Freiheit zu zelebrieren und gemeinsam die Kostbarkeit unserer Demokratie zu spüren, war tröstend und schenkte Hoffnung. Dann saß ich im…

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